Wie gehe ich mit Mitarbeitenden um, die ihre Leistung nicht bringen?

In diesem Beitrag geht es darum, wie ein Projektmanager mit einer Mitarbeiterin umgehen kann, die Ihre Leistung nicht bringt – und was er dabei übersehen hat.

Projektmanager und Führungskräfte stehen immer wieder vor den gleichen Herausforderungen. In einer Serie greife ich Beispiele aus meiner Coachingpraxis auf und zeige Möglichkeiten, wie sie gelöst werden können.

Die Situation

Der Projektmanager verfügte über langjährige Erfahrung in der IT-Branche und hatte keinerlei Zweifel, auch in dem aktuellen Projekt erfolgreich zu sein. Er hatte selbst sein Team zusammengestellt und auch eine Mitarbeiterin in das Team geholt, mit der er schon mehrfach erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Sie kannten sich seit Jahren und gingen auch regelmäßig zusammen Mittagessen essen und abends mal gemeinsam auf die Joggingrunde.

Aber seit einigen Wochen stimmte ihre Leistung nicht mehr. Er hatte aufgrund des freundschaftlichen Verhältnisses ihre mangelnde Leistung bisher hingenommen, aber er merkte, wie zunehmend Unruhe im Team war, da die anderen Teammitglieder unter ihrer schlechten Leistung litten. Einige Male hatte sie vergessen, wichtige Dokumente an den Lenkungsausschuss zu schicken und in der Woche davor gab es mehrere Fehler in ihrer Kostenkalkulation. Der Projektmanager wusste nicht, was los ist, und war unsicher, wie er damit umgehen sollte.

Was ist passiert?

Das erste Problem ist offensichtlich: Die Leistung der Mitarbeiterin stimmt nicht und der Projektmanager muss mit ihr sprechen – und es nicht weiter aufschieben.

Es kommt aber ein zweites Problem dazu: Das gute Verhältnis, dass der Projektmanager mit der Mitarbeiterin hat und das ihn dazu gebracht hat, ihre fehlende Leistung schon länger zu tolerieren – zum Unmut der Kollegen, die unter der schlechten Leistung leiden müssen.

Was sollte der Projektmanager jetzt machen?

Die Beziehung zu Mitarbeitenden verstehen

Dass sich eine Führungskraft mit einigen Mitarbeitenden besser versteht als mit anderen, beschreibt die Leader Member Exchange Theorie (LMX)1. Im Beispiel kennen sich der Projektmanager und die Mitarbeiterin schon länger, haben gut zusammengearbeitet und sie wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können. Entsprechend bei einer weniger guten Beziehung: Man kennt sich nicht so gut, die Wellenlänge mag nicht stimmen, man schätzt sich weniger. Projektmanager und Mitarbeitende tragen beide zu der Beziehung bei, sie entwickelt sich über die Zeit.

Die Theorie zeigt aber auch die Herausforderungen auf: Der Projektmanager muss darauf achten, die Mitarbeitenden nicht zu unterschiedlich zu behandeln, sonst kann es zu Spannungen und Frustration im Team kommen. Der Projektmanager muss auch den Mitarbeitenden, mit denen er kein so gutes Verhältnis hat, das Gefühl geben, respektierte, gleichwertige Gruppenmitglieder zu sein und alle fair und gleichberechtigt behandeln. Die Ungleichbehandlung läuft in der Regel unreflektiert und automatisch ab, wie auch in diesem Fall: Dem Projektmanager ist nicht bewusst, dass er seine Mitarbeiterin anders behandelt als andere.

Und dieses gute oder schlechtere Verhältnis hat noch eine Konsequenz: Wenn die Leistung bei einem ansonsten sehr geschätzten Mitarbeitenden nicht stimmt, werden eher externe Umstände dafür verantwortlich gemacht, wie Fehler anderer Personen oder fehlende Ressourcen. Der Projektmanager wird insgesamt weniger kritisch sein. Das Teammitglied wird Unterstützung bekommen, beispielsweise zusätzliche Ressourcen, um die Aufgabe noch gut erledigen zu können. Bei einem weniger geschätzten Teammitglied ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass eine schlechte Leistung auf mangelnde Fähigkeiten oder fehlende Einsatzbereitschaft zurückgeführt wird. Statt Unterstützung wird das Teammitglied eher Ermahnungen bekommen, genaue Anweisungen und eine stärkere Kontrolle.

Gespräch mit Teammitglied suchen

Der zweite Punkt im Beispiel hier ist, dass der Projektmanager jetzt das Gespräch mit der Mitarbeiterin führen muss – und es nicht weiter aufschieben. Für ein solches Gespräch hat sich ein fünfstufiger Aufbau bewährt:

Die fünf Stufen für ein Mitarbeitendengespräch
  1. Im ersten Schritt wird definiert, was das Problem ist: Die schlechte Leistung der Mitarbeiterin wird bewertet, das Problem aus Sicht des Projektmanagers beschrieben und die Konsequenzen des Verhaltens aufgezeigt.
  1. Im zweiten Schritt wird nach der Ursache gesucht: Warum passieren bei der Mitarbeiterin plötzlich Fehler? Sehr hilfreich ist dabei das sogenannte AMO-Model. A steht für die Ability, die Fähigkeiten des Projektmitarbeitenden, M für die Motivation und O für die Opportunity, die Gelegenheit zur Leistungserbringung. Wenn das Ziel und die Aufgabe, die das Teammitglied leisten soll, klar sind, sind diese drei Punkte wesentlich für die Erbringung der Arbeitsleistung. Hat die Mitarbeiterin die benötigten Kompetenzen oder fehlen sie ihr für das aktuelle Arbeitspaket? Ist die Mitarbeiterin nicht motiviert, weil ihr vielleicht die Bedeutung der Aufgabe nicht klar ist oder sie zu wenig herausfordernd ist? Oder stimmen die Rahmenbedingungen nicht, hat sie zu viele Aufgaben, eine Doppelbelastung, weil sie neben der Projektarbeit noch im Tagesgeschäft ihrer Abteilung steckt, oder fehlt Unterstützung der Kollegen?

    Da der Projektmanager ein gutes Verhältnis zur Mitarbeiterin hat, wird er eher nicht Gefahr laufen, den Grund für die schlechte Leistung ausschließlich bei der Projektmitarbeiterin selbst zu suchen und äußere Faktoren nicht zu berücksichtigen. Letztlich können auch persönliche Probleme eine Rolle spielen, wie gesundheitliche Beeinträchtigungen oder familiäre Herausforderungen. Die Suche nach der Ursache ist sehr wichtig, weil sonst nicht die geeigneten Maßnahmen im nächsten Schritt definiert werden können.
  1. Ist die Ursache geklärt, können im dritten Schritt entsprechende Maßnahmen besprochen werden. Hier ist es hilfreich, wenn die Mitarbeiterin selbst Vorschläge macht, wie das Problem gelöst werden kann und sagt, was sie braucht, um wieder ihre Leistung zu bringen. So könnte je nachdem ein Training eine geeignete Maßnahme sein, um fehlende Fähigkeiten zu erlernen. Fehlt die Motivation, kann der Projektmanager die Relevanz der Aufgabe betonen. Liegt es an der Gelegenheit zur Leistungserbringung, hängt die Maßnahme von den Gründen im Einzelfall ab. Bei privaten Problemen kann der Projektmanager in der Regel nicht viel machen, außer die Projektmitarbeiterin zu unterstützen oder gegebenenfalls die Arbeitsbelastung zu reduzieren.
  1. Im vierten Schritt sollte der Projektmanager seine weitere Unterstützung definieren.
  1. Der fünfte Schritt ist eher mittelfristig, der Projektmanager sollte immer wieder das Gespräch mit der Projektmitarbeiterin suchen, überprüfen, ob die Leistung wieder besser geworden ist und entsprechend Feedback geben.

Literatur

1 Yukl G (2013) Leadership in Organizations, 8. Auflage, Pearson, Edinburgh

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Über die Artikelserie: Praxisbeispiele aus dem Projektmanagement-Coaching

Projektmanagement ist „people business“ und es geht eigentlich immer darum, wie der Projektmanager seine Mitarbeitenden motivieren, die Zusammenarbeit verbessern und Konflikte lösen kann und es geht um Macht, Einfluss und Politik. Der Umgang mit diesen vermeintlich „soften“ Themen (im Vergleich zu den „harten“ Tools des Projektmanagements) ist entscheidend, um Projekte erfolgreich zu führen. Gerade im Gesundheitswesen – aber nicht nur dort – wird jemand aufgrund seiner Expertise gebeten, ein Projekt zu leiten – oft ohne das notwendige Projektmanagement Know-how zu haben und meistens auch in einer schwierigen Führungsrolle, wenn im Team verschiedene Hierarchiestufen und Abteilungen aufeinandertreffen und der Projektmanager keine disziplinarische Verantwortung hat.

Bisher erschienen:

1. Wie motiviere ich meine Mitarbeitenden und nehme ihnen ihre Unsicherheit?

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.


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